Ein Rückblick in die Bodensee Nachrichten vom 10. Dezember 2010
ERWIN FEURER Verleger, Kunstvermittler und Aussenseiter – ein Besuch in Egnach
Erwin Feurer, der Verleger von Adda Adda und «Förderer » von Spigar, Ludy Bauer und weiteren Künstlern, hat derzeit Schlafprobleme, weil sein neustes Projekt einer Weltrevolution gleichkommt.
Erwin Feurer ist ein sonderbarer Mensch. Nicht im Benehmen, nicht aufgrund seines Aussehens – sein Lebensstil und sein Beruf als Kunst- und Bauunternehmer machen aus ihm etwas Aussergewöhnliches. Er ist einer jener Querdenker, welche die Welt am liebsten völlig umgekrempelt sehen möchten – mit dem grossen Unterschied, dass Erwin Feurer tatsächlich an seinen Träumen arbeitet und dank seines Genies und geschickter Organisation tatsächlich erfolgversprechend wirkt.
Auf der Siegerstrasse
«Ich war schon immer ein Aussenseiter », erklärt Feurer und macht daraus auch keinen Hehl. Das «Anders »sein sei ein Teil seines Lebens, er habe deswegen viel riskiert und viel verloren. Zurzeit scheint Feurer aber auf der Siegerstrasse zu stehen, nebst den Adda Adda Bücher, die er verlegt (aber nicht schreibt!) hat er kürzlich die Moosmühle in St. Gallen entwickelt und einem neuen Zweck zuführen können. Sein neustes Projekt, die Weltrevolution, hat er ebenfalls lanciert. «Diese Revolution macht Sinn», findet Feurer und hört man ihm zu, wird man plötzlich nachdenklich. Eines vorneweg: Erwin Feuer ist nicht Adda Adda. Sein Verlag, die ComMedia Vision AG druckt und verkauft lediglich die Bücher des anonymen Rorschachers, doch der begnadete Kunstliebhaber betätigt sich selber äusserst selten künstlerisch.
«Die wohl kleinste Galerie der Welt»
Feurer wohnt im Oberthurgauischen Egnach, in einem grossen, blauen Riegelhaus. Sein Garten und der Vorplatz sind gesäumt mit merkwürdigen Skulpturen und unendlich vielen kleinen Kunstwerken. Auf dem Kiesplatz vor seinem Haus steht etwa eine vom Rheintaler Künstler Spigar geschaffene Telefonkabine, die in Wahrheit als «kleinste Galerie der Welt» gelten möchte. «Derzeit haben wir darin eine Ausstellung vom grossen Rolf Hauenstein», erklärt der Kunstvermittler und Kurator Feurer. Seine Berufsbezeichnung im Übrigen wechselt sich ständig. Einmal nennt man ihn Bauunternehmer, einmal Kunstunternehmer, dann Manager – er selbst mag sich da nicht so recht festlegen. Das ist ein wesentlicher Charakterzug des St. Gallers. Feurer ist, um es mit einem Wort zu sagen, einfach nur «anders». Und das mit System.
Im Gegenwind – Der Verteidiger der Familie Erb
In der Schweiz war Feurer zuletzt wegen seiner Klage gegen die Sachwalter der ErbGruppe in die Schlagzeilen gekommen. Während der Mainstream den finanziellen Kollaps der ErbGruppe im Jahr 2007 spöttisch feierte und sich über die Schenkung des Schlosses Eugensberg in Salenstein von Rolf Erb an seine Söhne empörte, schlug sich Feurer, ein Freund der ErbFamilie, auf die «unbeliebte» Seite. Diese unbeliebte Seite scheint zu seinem Lebensmotto geworden zu sein: «Ich habe mich immer gegen Gruppierungen oder Interessengemeinschaften gewehrt –; oder dann solche gemieden. Wenn es alle gleich machen, bin ich mit Sicherheit der Erste, der einen anderen Weg geht.» Feurer nennt dies auch Zivilcourage und fügt an: «Aber machen Sie sich keine Illusionen, Zivilcourage bringt keine Freunde.»
«Auch Spigar leidet»
Feurers Haus in Egnach ist ein einziges Kunstarchiv. Nachlässe von grossen und kleinen Künstlern lagern dort sowie Werke von lokalen Grössen wie Ludy Bauer, Spigar und Erich Staub. Kunst sei seine Leidenschaft, erklärt Feurer, während er mit gemächlichen Schritten durch das grosse Haus geht. Es gibt kaum eine freie Wand, überall hängen Bilder in verschiedensten Stilrichtungen und Farben. Auch der Boden ist übersät mit Antiquitäten, Büchern und Kartonschachteln. Dann bleibt Feurer vor einer Spigarskulptur stehen, lobt das Genie vom Rheinecker Künstler, fügt dabei aber bedauern an: «Auch Spigar leidet, ähnlich wie Ludy Bauer, an der heutigen Gesellschaft. Es ist schon tragisch, wie Künstler mit einem solchen Talent kaum über die Gemeindegrenzen hinauskommen. » Feurer selbst hat eine ähnliche Erfahrung machen müssen, als er vor nunmehr zehn Jahren das Bahnhofsgebäude in Rheineck gekauft und saniert hatte.
Die bittere Niederlage
Sein Ziel damals: In Rheineck ein Kulturzentrum zu eröffnen, welches den Künstlern eine ausgezeichnete Plattform für ihre Werke bieten könnte und dabei die Kunst zu fördern. Diesen Plan machte Feurer ohne die Rheinecker Bevölkerung, die den Kulturpalast gemieden – und so in den finanziellen Ruin getrieben hatte. In einem Brief an die Redaktion des SaitenMagazins schrieb Feurer: «Als Schlussbouquet und definitive Vertrauensfrage an Rheineck und die Ostschweiz initiierten wir eine international bedeutende Gruppenausstellung mit dem Namen «Kulturschiene meets Kulturpalast». Mit von der Partei waren Künstler wie Hannes Bossert, Hans Ruedi Giger, Kurt J. Haas, Urs Huber «Uri», Edith Kappeler, Fred Engelbert Knecht, Doris Michel, Francois Viscontini, Bruno Weber und Willy Wimpfheimer. Sie alle waren hochmotiviert! Es wurde eine Vernissage, die in Paris, London, Tokyo oder New York hätte stattfinden können, mit monatelanger Vorbereitungsarbeit auf allen Ebenen; wir dachten, jetzt fliegen wir ab! In der Folge: Ernüchterung, Ignoranz, Arroganz und Boykott (War auch eine Prise Neid im Spiel?) der «Eingeborenen». Während den zwei Monaten Ausstellung erschienen praktisch keine Besucher, von Verkäufen schon gar keine Rede. Dies war der physische und psychische, der materielle und ideelle Tief und Schlusspunkt, da musste ich aufhören, mehr auszusenden war nicht möglich.»
Adda Adda und die Weltrevolution
Heute hat Feurer den Kulturpalast zu sich nach Hause geholt, nebst den unzähligen Bildern liegen auch Adda AddaWerke und seine eigenen Bücher in den Vitrinen. Die Zusammenarbeit mit Adda Adda sei ihm wichtig, erklärt Feurer und schwärmt vom unbekannten Künstler und seiner künstlerischen Brillanz. «Er bewegt etwas in Rorschach und macht gleichzeitig ständig Liebesbeweise an die Hafenstadt. Er ist schlicht fantastisch! » Was Adda Adda auf lokaler Ebene bewirkt, soll sein derzeit grösstes Projekt, die «Weltrevolution », auf internationaler Ebene bewirken: Eine Veränderung zum Guten. «Wir sprechen da von einer realistischen Lösung für die derzeitigen Probleme der Welt: Energieknappheit und die soziale Ungerechtigkeit. Die Lösung habe ich nicht gefunden, ich möchte ihr nur zum Durchbruch verhelfen». Erwin Feurer spricht vom SilanÖl, ein Erdölersatz der aus Sand gewonnen werden kann. Erfunden hat ihn Peter Plichta, ein deutscher Wissenschaftler. Feurer zu dieser Erfindung: «Stellen Sie sich das einfach mal vor. Ein Wissenschaftler aus Deutschland hat die Lösung, nach der alle suchen, längst gefunden und doch spricht niemand darüber! Schon 1993 liess er seine Erfindung in verschiedenen Ländern patentieren, da sie wissenschaftlich belegt werden kann. Die Tatsache, dass aus Sand Benzin hergestellt werden konnte, ist also unbestritten.» Für Feurer ist die Förderung dieser revolutionären Erfindung zur Lebensaufgabe geworden.
So hat er im Sommer dieses Jahres in Sachsen das Schloss «Radibor» im Namen des International Burnout Fund gekauft, um dort ein «Wissenschaftszentrum » einzurichten. Dafür brauche es ein Netzwerk und viel Geduld, erklärt Feurer seine Pläne und fügt an, dass er fest daran glaubt, dem SilanÖl zum Durchbruch verhelfen zu können. Dazu benötige es aber einiges an Arbeit und etliche schlaflose Nächte.
Flavio Razzino